
35 Grad im Juni, Deutschland
Alles glänzt – so viel UV in der Luft.
Wie kleine, flache, eckige Klebezettel
auf meinem runden Gesicht,
die alles verdecken.
Ist das jetzt bitter oder süß? Scharf? Sauer?
Vielleicht ist es Zeit, etwas zu wählen.
Ich möchte nicht, dass man meine scharfen Augen sieht.
Bin wohl schon zu weit gegangen. Keine Verbindung mehr.
Aber… wenn du hinschaust, ganz genau –
dann siehst du vielleicht, wie sich mein Gesicht im Dunkeln leise verändert.

Ich kenne einen Ort, an dem kein Mensch ist.
Ich kenne einen Ort, an dem ein Fluss fließt, der schließlich nach Norden zieht.
Ich kenne den Norden – und alle seine Sommer, so kurz sie auch sind.
Ich kenne eine Brücke, die zerbrochen ist.
Am jenseitigen Ufer wuchert das Gras bis zur Hüfte, weiße Schmetterlinge wirbeln wie Nebel.
Doch ich weiß, wo sich die einzige seichte Furt verbirgt.
Ich weiß auch von dem schwarzen großen Fisch,
der mitten im Strom still wartet, wenn man hinüberwaten will.
Ich kenne eine Straße, die sich am Ende gabelt.
Ich kenne die Fußspuren an der Kreuzung – dreimal links gezögert,
dreimal rechts gezögert.
Ich kenne einen Baum, in den ein Satz eingeritzt wurde.
Ich fürchte nur, der Baum wächst immer höher und trägt den Satz immer weiter hinauf,
sodass, wenn eines Tages jemand kommt, er sich auf die Zehenspitzen stellt und ihn doch nicht lesen kann.
Ich kenne eine kleine Wiese, einen winzigen Schatten,
der die schüchternste Blume der Welt verbirgt.
Diese Blume ist nicht schön, fürchtet keine Einsamkeit und will ihren Kopf nicht heben.
Ich kenne einen blauen Käfer.
Als er kam, war er dort; als er ging, war er noch immer dort.
Im Frühling war er dort, im Herbst war er noch immer dort.
Ich kenne den Himmel. Der Himmel ist ein Abgrund in der Höhe.
Wie gern würde ich auf einen Schlag hineinfallen!
Ich kenne die Ferne. Die Ferne ist der Abgrund vor uns.
Nur Vögel und der Wind stürzen hinein.
Ich weiß, dass Vögel ihr Leben lang an ihre Flügel gefesselt sind.
Und der Wind – er ist eine gewaltige, durchsichtige Schräge.
Ich kenne die Nacht. Alle Wege dieser Welt führen zu ihr.
Wer aufbricht und geht, merkt: Irgendwann ist es einfach dunkel geworden.
Aber ……
内卡河面飘冷风
层层水浪觅船踪
恍然水面有舟归
一帘幽梦半影萍
忽闻河面桨橹响
翻作水鸭唱五声
二零二五一月十二
Quelle der Mythen
Dies ist der Tempel, in dem ich die Gespräche zwischen den Sternbildern hören kann.
Und ich bin hier,
zu dieser Stunde.
Die Welt lässt die Berge und Flüsse für mich fließen,
So viele Geheimnisse wie sie hat,
öffnet sie einen ebenso weiten Himmel.
Der Regen fällt draußen vor dem Fenster,
aber ich bleibe immer noch an einem trockenen Ort.
Ich trinke eine Flasche Wein, stelle die Flasche auf den Kopf,
kippe sie um, richte sie auf, dann wieder umgedreht.
Der Regen draußen ignoriert mich.
Ein Tropfen hält den anderen fest, sie fallen.
Ein Tropfen drängt den anderen, sie fallen.
Verschmelzen ist auch Zerstören, Zerstören ist auch Verschmelzen.
13.10.2024 Stuttgart
Die auf den Schnee fallende Krähen sind schwarz
Ein weißes Feld, verschlingt die schwarze Ödnis,
eine Krähe fällt, Schwarz ruht still auf Schnee.
Schwarz verweilt dort, wie ein stummer Schmerz,
macht den Winter kälter und tiefer.
04.2024